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Über uns

 

Auf dem „Symposium zu Grundsatzfragen des Regulierungsrechts“ am 21./ 22. November 2013 in Berlin wurden konzeptionelle und sektorspezifische Fragen des Regulierungsrechts in Referaten behandelt und in Diskussionen erörtert. Hierbei hat sich gezeigt, dass – unabhängig von Spezifika in Referenzgebieten im Einzelnen – die Öffnung von natürlichen Monopolen der Netzindustrien und die Etablierung von Wettbewerb ein übergreifendes Leitbild darstellen.

 

Vor diesem Hintergrund hat sich auf dem Gründungskongress vom 22. November 2013 die „Wissenschaftliche Vereinigung für das gesamte Regulierungsrecht“ konstituiert. Damit ist ein institutioneller Rahmen geschaffen, der dem Diskurs konzeptioneller Grundlagen, normativer Strukturen und übergreifender Bezüge in allen Facetten des Regulierungsrechts gewidmet ist.

 

Das Regulierungsrecht ist Gegenstand öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Betrachtung; die Privatrechtler betrachten das Regulierungsrecht unter dem Aspekt des fairen vertraglichen Interessenausgleichs bei Angewiesensein auf die Leistung des Monopolinhabers, der eine für die Funktionstüchtigkeit des Gemeinwesens unverzichtbare Leistung zu erbringen hat, den Öffentlich-Rechtler interessiert die sachgerechte Einordnung der öffentlich-rechtlichen Funktionen des Regulierungsrechts in das System des Staats- und Verwaltungsrechts.

 

Das Regulierungsrecht in seiner Gesamtheit setzt sich zusammen aus heterogenen Normenkomplexen, die wissenschaftlich der Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und – daran anknüpfend – der Bildung gemeinsamer Funktionsprinzipien für die sektorspezifischen Regulierungsgesetze bedürfen, wobei zu klären ist, ob es sinnvoll ist, nur Netzindustrien als natürliche Monopole oder generell alle Sektoren in die wissenschaftliche Betrachtung mit einzubeziehen, die aus Gemeinwohlgründen einer speziellen Aufsicht unterliegen.

 

Ziel einer gemeinsamen regulierungsrechtlichen Dogmatik sollte sein, die sektorspezifischen Regelungen auf einer möglichst hohen theoretischen Abstraktionsebene zu betrachten, auf der noch gehaltvolle Aussagen möglich sind und zusammenzuführen, was inhaltlich zusammen gehört. Die Regulierungsrechtswissenschaft kann damit einen Beitrag zu mehr Rechtsklarheit und Transparenz der Normengefüge leisten und Fehlentwicklungen und Normwidersprüche aufdecken.

 

Auf den ersten Blick sind die sektorspezifischen Regelungen im Infrastrukturbereich so unterschiedlich ausgestaltet, dass die einzige Gemeinsamkeit in der Angewiesenheit auf die Netzinfrastruktur zur Erbringung der regulierten Leistungen zu liegen scheint. Nähere Analyse zeigt jedoch, dass die Regulierungsinstrumente der sektorspezifischen Gesetze sich – jedenfalls zum Teil – auf allgemeine netzökonomische Prinzipien zurückführen lassen, die sich in allen Gesetzen wenngleich auch in unterschiedlicher sprachlicher Einkleidung wiederfinden. Das grundsätzliche Regulierungsziel ist bei allen Gesetzen gleich: Sicherung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs zu angemessenen, ökologisch und sozial vertretbaren Bedingungen für alle, die auf die Nutzung der regulierten Güter angewiesen sind. Ähnlich sind auch die Methoden, mit der dieses Ziel erreicht werden soll (wettbewerbsanaloge Regulierung in Konkretisierung von Art. 102 AEUV; KEL-Konzept; „behördliches Regulierungsermessen“ bei komplexen, mit Prognoseleistungen verbundenen Abwägungen).

 

Vor diesem Hintergrund stellt sich zumal nach der Zusammenführung der meisten Netzindustrien unter der Aufsicht der Bundesnetzagentur die Frage, ob genügend gemeinsame, sektorübergreifende dogmatische Grundstrukturen bestehen, um als Zukunftsprojekt einen Allgemeinen Teil des Regulierungsrechts aus einem Guss entwickeln zu können und um ein einheitliches Prozessrecht für alle Regulierungsstreitigkeiten zu schaffen. Da die Rechtsordnung die Zugangs- und Entgeltregulierung nicht allein der hoheitlichen Aufsicht der Regulierungsbehörden anvertraut, sondern zugleich aufgrund europäischer Vorgaben auch ein private enforcement zugelassen hat und obendrein Art. 102 AEUV eine Wächterfunktion gegenüber unzureichender Regulierung ausübt, spricht vieles dafür, im Zusammenwirken von Öffentlich-Rechtlern und Privatrechtlern gemeinsam diese Aufgabe zu diskutieren und disziplinübergreifende Grundsatzfragen zu erörtern. Unabhängige wissenschaftliche Diskussionen scheinen hier umso nötiger, als in den meisten regulierungsrechtlichen Sektoren offene und verdeckte interessengeleitete Stellungnahmen und Publikationen dominieren. Hier setzt die Wissenschaftliche Vereinigung für das gesamte Regulierungsrecht an.

 

Die auf den Jahrestagungen der Vereinigung gehaltenen Referate werden in einer Schriftenreihe im Nomos Verlag publiziert.